Donnerstag, 23. Februar 2017

Rezension: Eisige Schwestern von S. K. Tremayne

Hallo ihr Lieben!

Im Januar habe ich bereits Stiefkind von S. K. Tremayne für Euch rezensiert und habe nun auch seinen Debüt-Roman "Eisige Schwestern" gelesen. Auch wenn dieser Psychothriller auf anderen Blogs schon kreuz und quer rezensiert wurde, möchte ich Euch meine Meinung nicht vorenthalten.


Details:
Cover: Knaur

  • Taschenbuch: 416 Seiten
  • Verlag: Knaur TB (1. Dezember 2016)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3426520141
  • ISBN-13: 978-3426520147
  • Originaltitel: The Ice Twins
  • Preis: 9,99


  • Inhalt:

    Ein Jahr nachdem die sechsjährige Lydia durch einen tragischen Unfall ums Leben kam, sind ihre Eltern Sarah und Angus psychisch am Ende. Um neu anzufangen, ziehen sie zusammen mit Lydias Zwillingsschwester Kirstie auf eine atemberaubend schöne Privatinsel der schottischen Hebriden. Doch auch hier finden sie keine Ruhe. Kirstie behauptet steif und fest, sie sei in Wirklichkeit Lydia und die Eltern hätten den falschen Zwilling beerdigt. Bald hüllen Winternebel die Insel ein, Angus ist beruflich oft abwesend, und bei Sarah schleicht sich das unheimliche Gefühl ein, etwas stimme nicht. Zunehmend fragt sie sich, welches ihrer Mädchen lebt. Als ein heftiger Sturm aufzieht, sind Sarah und Kirstie komplett isoliert und den Geistern der Vergangenheit ausgeliefert.
    Copyright Klappentext & Cover: Knaur
     
     
    Meine eigene Meinung:
     
     
    Zunächst einmal muss ich sagen, dass das Cover wirklich perfekt zum Inhalt passt: die düstere Insellandschaft mit dem Leuchtturm erinnert an die Insel Torran aus dem Thriller, die beiden Mädchen im Vordergrund (eines halb unsichtbar, geisterhaft) erinnern an Kirstie und Lydia. Auch der Titel "Eisige Schwestern" passt, denn der Großvater hat die Zwillinge wegen ihrer blassen Erscheinung und ihren weißblonden Haaren immer so genannt.
     
    Zur Geschichte: Die Handlung beginnt damit, dass Sarah und Angus Moorcroft alles dafür vorbereiten, um auf die Insel Torran zu ziehen, die Angus von seiner Großmutter vererbt bekommen hat. Diesen Schritt wollen die beiden gehen, um einen Neuanfang für sich und ihre Tochter Kirstie zu wagen. Vor 13 Monaten hat sich ein schreckliches Unglück ereignet: Sarah war mit ihren Zwillingen alleine, als  Lydia vom Balkon stürzte und daraufhin im Krankenhaus starb. Kurz vor dem geplanten Umzug macht Kirstie ein schauriges Geständnis: Sie behauptet, dass sie in Wahrheit Lydia ist und Kirstie bei dem Unglück gestorben ist. Stimmt das, oder ist das nur ein Hirngespinst ihrer Tochter, die sich seelisch mit ihrer toten Schwester verbunden fühlt und nun ein Identitätsproblem hat? Einige Indizien sprechen aber tatsächlich dafür, dass die noch lebende Tochter Lydia ist: Hund Beany verhält sich ihr gegenüber genauso, wie er sich Lydia gegenüber immer verhalten hat; Kirsties Lesefähigkeiten haben urplötzlich einen großen Sprung gemacht (eigentlich war Lydia eine Leseratte) und Kirstie spielt plötzlich mit Lydias altem Spielzeug und den Freunden von ihr. Ohne wirklich Geld zu haben, zieht die Familie also in das heruntergekommene Haus auf der Insel...
     
    Wer ist wer? Wer ist tot, wer lebt? Lebt Lydia - Sarahs Liebling? Lebt Kirstie - Angus Liebling? Diese Thematik  hat mich von Anfang an wirklich gepackt, da ich die ganze Zeit über selber nicht wusste, was ich nun denken soll. Aus der Ich-Perspektive von Sarah bekommt man ihre Gedanken, ihre Trauer, ihre Verwirrtheit und Hoffnung auf ein besseres Leben auf Torran unmittelbar zu spüren. Auch ihr Misstrauen gegenüber ihrem Mann Angus, der seit dem Tod der Tochter ständig Alkohol trinkt und sogar seinen Job verloren hat, kommt sehr klar rüber. Sie weiß nicht, ob sie ihre Gedanken wirklich mit ihrem Mann teilen kann und auch so scheint die Beziehung der beiden einen ordentlichen Knacks zu haben. Vor ein paar Jahren hatte Sarah eine Affäre, ihr Mann hat ihr allerdings verziehen. Kapitel aus Angus Sicht zeigen aber, dass er aus einem unbekannten Grund einen hiesigen Groll gegenüber seiner Frau hegt, offenbar mehr über die Zwillingssache weiß und auch des Öfteren Gewalt-Visionen hat. Der Leser ist also einerseits daran interessiert, zu erfahren, was genau zwischen den Eheleuten ist und welcher Zwilling nun tot beziehungsweise lebendig ist, wodurch sich ein Spannungsbogen aufbaut, der auch von verschiedenen Cliffhangern am Ende der Kapitel getragen wird. Die Charaktere sind - wie zuvor schon angedeutet - sehr gut ausgearbeitet. Auf der einen Seite hat man den maskulinen, starken Angus, der im Inneren eigentlich gar nicht so stark ist und seine Trauer mit Alkohol wegspült. Auf der anderen Seite ist Sarah, die sich selbst ein bisschen abkapselt, ihre Gedanken häufig für sich behält, sich insgeheim aber eine intakte Familie wünscht und sich zu einem gewissen Punkt auch noch zum teil zu ihrem Mann hingezogen fühlt. Mit der kleinen Kirstie/Lydia kann der Leser mitfühlen: auf Torran wird für sie eigentlich nichts besser. Sie weiß nicht wirklich, wie sie mit ihrem Verlust umgehen soll, redet oft im Plural von sich und legt ein merkwürdiges Verhalten an den Tag, wodurch sie auf den Leser allerdings nicht unsympathisch wirkt. In der Schule findet sie keinen Anschluss und bleibt für sich, redet mit ihrem verstorbenen Zwilling. Das Handeln der Personen konnte ich aber nicht immer gänzlich nachvollziehen (Beispiel: Sarah findet heraus, dass ihr Mann womöglich eine Affäre mit ihrer besten Freundin hat, nach einem Streit mit Kirstie hat sie aber nichts Besseres zu tun, als mit ihrem Mann zu schlafen?! Anschließend verabscheut sie ihn aber und wirft ihn raus? Sinn?! Zumal sie zuvor selbst eine Ehebrecherin war und ihren Mann betrogen hat, ihm kann sie aber nun nicht verziehen. Ok.)
     
    Ich finde, dass das letzte Drittel des Thrillers spannungs- und storytechnisch nachlässt. Immer wieder tauchen ähnliche Sequenzen zwischen Angus und Sarah auf, die sich immer schlechter verstehen. Auch was den lebendigen Zwilling betrifft, dreht man sich noch ein paar Mal im Kreis wegen des merkwürdigen Verhaltens. Ab und an hatte ich einfach das Gefühl, dass es keine richtige Entwicklung gibt. Zumal man bereits ab Mitte des Buches ungefähr weiß, was sich tatsächlich zugetragen hat (allerdings noch nicht das ganze/ richtige Ausmaß). Das Ende fand ich persönlich nicht schlecht, aber auch nicht komplett überraschend. Es ist im Grunde fast so, wie man es in der Mitte des Buches geschildert bekommt, nur erfährt man, was Sarah am Tag des Unfalls getrieben hat und wie sich der Unfall wirklich zugetragen hat. So hat man am Ende auch das Gefühl, nicht einen richtigen Psychothriller gelesen zu haben, sondern ein sehr tragisches Familien-Drama.
     
    Punkten konnte S. K. Tremayne die ganze Zeit über durch seinen detailreichen Schreibstil, der immer eine gruselige, teils beklemmende Atmosphäre erzeugt hat. Auch die zahlreichen Beschreibungen des Settings lassen im Kopf des Lesers ein genaues Bild entstehen, was zur Atmosphäre durchaus beiträgt.
     
     

    Fazit:

    Hinter "Eisige Schwestern" verbirgt sich letztlich ein tragisches Familien-Drama, das sich als Psychothriller tarnt. Die Geschichte ist spannend konzipiert; der Leser möchte unbedingt wissen, welcher Zwilling lebt/tot ist und weshalb Angus so einen Groll gegen seine Frau Sarah hegt. Was hat sich am Tag des Unfalls zugetragen? Die Charaktere - ihre Trauer, Verwirrtheit, Sorge - sind sehr gut ausgearbeitet, allerdings ist das Handeln der Figuren oftmals nicht komplett nachvollziehbar. Punkten kann S. K. Tremayne vor allem durch seinen detailreichen Schreibstil, mit dem er das Setting sehr gut beschreibt und für eine düstere Grundstimmung sorgt. Auch die oft auftretenden Cliffhanger am Ende der Kapitel sorgen dafür, dass der Leser weiter und weiter liest. Das letzte Drittel lässt spannungs- und storytechnisch dann aber etwas nach, da immer ähnliche Sequenzen wieder und wieder aufgegriffen werden und man als Leser nicht wirklich das Gefühl hat, dass sich etwas weiterentwickelt. Das Ende ist nicht schlecht, aber auch nicht überraschend, denn es verhält sich am Ende so, wie man es ab Mitte des Buches ungefähr schon weiß, nur die ganze Tragik/der Hintergrund wird richtig erläutert.
     
    3,5 von 5 Sterne
     
     
    Vielen Dank an Droemer Knaur für das Zusenden eines kostenfreien Leseexemplars.
     
     

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